Gastvortrag am 18.12.24 mit Thomas Vikoler von der Uni-Salzburg
Im Rahmen unseres Kolloquiums laden wir Interessierte recht herzlich zu einem Vortrag von Thomas Vikoler aus dem Fachbereich Psychologie, Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie ein. Thema ist „Erfassung und Induktion von Stress im Alltag: Die Di-Eu-Stress State Scale und die Salzburg Mobile Stress Induction“.
Der Vortrag findet am Mi, 18.12.24 um 16.15 Uhr in der Nägelsbachstr. 49b, 91052 Erlangen, Raum 02.219 statt.
Abstract:
Um momentanen Stress nicht nur reliabel und anwendbar, sondern auch ganzheitlich erfassen zu können, ist ein Maß für sowohl für Disstress als auch Eustress erforderlich. Zu diesem Zweck haben wir die Di-Eu-Stress State Scale (DESS Skala; Vikoler et al., 2024) entwickelt. Ich beschreibe den Entwicklungs- und Validierungsprozess in unserer Einführungspublikation, welches drei Studien mit Daten aus sieben Stichproben umfasst. In der ersten Studie untersuchten wir zunächst die faktorielle Struktur der Skala. Zusätzlich wurde die faktorielle Struktur in zwei unabhängigen Stichproben bestätigt: In einer Stichprobe verglichen wir die DESS Skala mit bereits etablierten Dis- und Eustress-Maßen (Proxies) und in einer Stichprobe mittels Ecological Momentary Assessment (EMA; dt. ökologischer Momentaufnahme). In der zweiten Studie stellten wir die konvergente und diskriminante Validität der Skala fest, indem wir sie mit ähnlichen und weiter entfernten verwandten Maßen sowie mit den bereits etablierten Skalen verglichen. In der letzten EMA-Studie konnten wir die Anwendbarkeit und prädiktive Validität der DESS Skala im Alltag nachweisen. In einer zweiten Veröffentlichung testeten wir die Sensitivität der DESS Skala in zwei separaten Studien. In der ersten spiegelte der Disstress der Studierenden die entsprechenden Leistungssituationen im Verlauf eines Wintersemesters wider. In der zweiten Studie reagierte der Eustress von Angestellten auf unterschiedliche ressourcenreiche Arbeitssituationen (Home-Office vs. Arbeitsplatz).
Um die Auswirkungen von Stress oder Stressinterventionen (z. B., Coaching oder Smartphone-basierte Mini-Interventionen) standardisiert evaluieren zu können, ist eine ebenso standardisierte Methode zur Induktion von Stress und negativem Affekt unerlässlich. Obwohl die Stresserfahrung subjektiv und Teil des täglichen Lebens ist, werden die meisten Stressinduktionen in teuren, künstlich erzeugten Laborsituationen durchgeführt. Um dieses Problem zu lösen, stelle ich die neu entwickelte Salzburg Mobile Stress Induction (SMSI) vor. Basierend auf den zentralen Stressinduktionsmechanismen eines zuvor vorgestellten Prototyps für ambulante Stressinduktionen haben wir sechs verschiedene kognitive Stresstests (plus einen neutralen Kontrolltest) entwickelt, die auf jedem Smartphone durchgeführt werden können. Die sieben Tests umfassen drei verschiedene Bereiche kognitiver Leistungstests: Drei wortbasierte (Buchstabensalat, Wortpaar-Listen und der Kontrolltest Cäsar Chiffrierung), zwei numerische (Rechenaufgaben und Zahlenreihen) und zwei figurale Tests (Würfelnetze und Matrizen). In einer ersten Veröffentlichung konnten wir die Wirksamkeit der der SMSI bei deutschsprachigen Universitätsstudenten überprüfen. Dabei wurden alle Tests über vier Tage (zwei Tests täglich) in zufälliger Reihenfolge im alltäglichen Leben absolvierten. Momentaner Affekt wurde vor, zwischen und nach jedem Test erfasst. Im Vergleich zum stabilen Kontrolltest steigerten die stressauslösenden Tests negativen Affekts signifikant. Positive Affekt nahm bei den stressauslösenden Tests leicht ab, wohingegen der Kontrolltest Cäsar Chiffrierung zu einem Anstieg des positiven Affekts führte. Um die SMSI einem internationalen Publikum zugänglich zu machen, haben wir kürzlich eine englische Version entwickelt, welche sich derzeit im Validierungsprozess befindet, um die Ergebnisse der deutschen Version in einer englischsprachigen Stichprobe von Studierenden zu replizieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir mit der DESS Skala und der SMSI Forschenden und Praktizierenden ein neues Instrumentarium zur Verfügung stellen, um das momentane Stresserleben zu erfassen sowie Veränderungen davon zu bewirken. Zukünftige Erweiterungen für beide Instrumente (DESS Skala und SMSI) werden vorgestellt und diskutiert.
Vikoler, T., Kovács, D., Traut-Mattausch, E. (2024). The Di Eu Stress State Scale (DESS Scale) Development and Validation of a Scale Measuring State Distress and Eustress.
European Journal of Psychological Assessment. https://doi.org/10.1027/1015 5759/a000829